Bewährungsprobe für Demokraten

Am 29. Januar 2025 wurde erstmals ein von der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Deutschen Bundestag gestellter Antrag mit den Stimmen der AfD beschlossen. Die CDU/CSU wusste vorher, dass dieser aufgrund seines radikalen Inhaltes nur mit den Stimmen der AfD eine Mehrheit finden würde und hat den Dialog mit den anderen demokratischen Fraktionen bewusst nicht gesucht. Damit wurde der jahrelange Konsens der demokratischen Parteien aufgekündigt, nicht mit rechtsextremen Parteien, die den liberalen Rechtsstaat zerstören wollen, zusammenzuarbeiten. Die CDU/CSU hat damit die eigenen kurzfristigen Interessen über das Wohl des Landes und demokratische Grundprinzipien gestellt.

Dies war kein Zufall, sondern steht in einer Reihe vieler Handlungen und Positionierungen, die Friedrich Merz seit seiner Wahl zum Parteivorsitzenden der CDU vorgenommen hat und die auf den ersten Blick sehr widersprüchlich sind. Zuerst wurde das Ziel formuliert „die AfD zu halbieren“. Statt sich aber von der AfD stärker abzugrenzen, wurden die Grünen zum Hauptgegner erklärt. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann äußert, dass „die AfD nicht das Problem ist“ und „Das Nazi-Bashing gegen die AfD und das Brandmauergerede müssen aufhören.“ Diese Zitate-Liste lässt sich beliebig verlängern und erweckt den Eindruck, dass systematisch an einer Enttabuisierung der AfD gearbeitet wird. Insbesondere in Ostdeutschland wird offen über eine Zusammenarbeit mit der AfD gesprochen. Die Wahlergebnisse der AfD haben sich seitdem verdoppelt. Statt also die AfD wirksam zu bekämpfen, nimmt die CDU eine Situation in Kauf, in der sie neben einer schwarz-blauen Koalition über kaum andere Machtoptionen verfügt und eine Regierungsbeteiligung der AfD immer unausweichlicher wird.

Schaut man über den Tellerrand in andere europäische Länder und nach Nordamerika, stellt man seit rund zwei Jahrzehnten fast überall ein Anwachsen von rechtsextremen und faschistischen Parteien fest. Konservative Parteien standen auch dort vor einer ähnlichen Herausforderung, wie jetzt die CDU in Deutschland: Abgrenzung oder Übernahme der Themen? Man fragt sich, ob die CDU die gleichen Fehler wie die Konservativen Parteien in Österreich, den Niederlanden, Frankreich, Italien oder in den USA machen will. Nirgendwo hat das „Hinterherlaufen“ hinter Rechtsextremen dazu geführt, dass diese geschwächt wurden – im Gegenteil. An welchem Modell orientieren sich die CDU und Friedrich Merz?

Die Demokratie mit Rechtsstaatlichkeit, einer freien Presse und lebendigen Zivilgesellschaft gerät immer stärker in Bedrängnis. Mächtige Länder nehmen sich einfach, was sie haben wollen, Großkonzerne „kaufen“ sich die von ihnen gewünschte Politik und das Gemeinwohl spielt eine immer geringere Rolle. Die nach dem 2. Weltkrieg geschaffene Weltordnung, bei der sich die internationale Staatengemeinschaft darauf verständigt hat, Meinungsverschiedenheiten und Konflikte friedlich zu regeln, gerät ins Wanken. Abkommen zur Weltgesundheit, dem Welthandel, dem Völkerrecht und dem Klimaschutz werden ausgehöhlt. Bewaffnete Konflikte nehmen zu und werden auch in Europa wieder wahrscheinlicher. Einmal falsch abgebogen, können Fehlentwicklungen in der heutigen, sehr schnelllebigen Zeit zu fatalen Entwicklungen führen.

Was ist jetzt zu tun?

Das, was Bundeskanzlerin a. D. Dr. Angela Merkel heute bezogen auf die Anträge von Friedrich Merz im Bundestag gesagt hat, gilt generell: Es ist erforderlich, dass alle demokratischen Parteien gemeinsam über parteipolitische Grenzen hinweg, nicht als taktische Manöver, sondern in der Sache redlich, im Ton maßvoll und auf der Grundlage geltenden Rechts, alles tun, um die aktuellen Probleme zu lösen. Das setzt voraus, die eigene Position nicht absolut zu setzen und empfänglich zu bleiben für die Perspektive der anderen. Auch dabei kann man sich von Idealen und dem eigenen Gewissen leiten lassen. Das Wesen der Demokratie besteht aus dem Kompromiss – auch wenn das nicht zu populistischen Parolen und den oberflächigen Posts in den asozialen Medien passt.

Und deshalb ist jetzt auch Konzentration auf die Sacharbeit und die Lösung konkreter Probleme wichtig:

  • Sicherung von Demokratie und Freiheit
  • Stärkung einer innovativen, umweltfreundlichen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft
  • Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen durch Schutz unserer Biodiversität und des Klimas
  • Unterstützung des Gemeinwesens und des sozialen Zusammenhaltes
  • Frieden und Sicherheit