Kies und Sand sind wertvolle endliche Rohstoffe, deren Nutzung sparsam und umweltverträglich erfolgen sollte. Der Abbau zerstört Lebensräume und wertvolle landwirtschaftliche Böden und gefährdet das Grundwasser, da der schützende Boden entfernt wird. Kies und Sand lassen sich aber ersetzen, indem mineralische Abfälle recycelt und wiederverwendet werden. Unser Ziel: Wir wollen nachhaltiger bauen und moderne Technik nutzen, um Rohstoffe zu recyclen, kostengünstiger zu bauen und Heimat und Natur zu erhalten.

Ziele der Rohstoffabgabe sind:

  1. Den Abbau von Kies und Sand auf das absolut notwendige Maß zu reduzieren, um damit Natur und Landschaft zu bewahren und Landwirtschaft zu sichern.
  2. Einen stärkeren Anreiz zum Ersatz von Kies und Sand durch Sekundärrohstoffe/Rezyklate und ein besseres Baustoffrecycling zu erreichen.
  3. Wettbewerbsverzerrungen durch Angleichung des Preis-Niveaus abzubauen. Die wahren Kosten des Rohstoffabbaus sollen eingepreist und damit Dumping-Preise und Export heimischer Rohstoffe eingedämmt werden.
  4. Finanzmittel beispielsweise zur Altlastensanierung und Flächen-Recycling sowie zur Förderung moderner Baustoffe im Sinne des zirkulären Bauens zu generieren. Damit werden die wahren Kosten des Rohstoffabbaus für die Umwelt ausgeglichen und Lebensräume erhalten, die durch den Rohstoffabbau reduziert wurden.

Es geht nicht darum, dass zukünftig in NRW keinerlei Kies und Sand mehr gefördert werden soll, sondern um einen möglichst sparsamen Verbrauch der heimischen Rohstoffe und ein System, um vorhandenen Kies und Sand so lange und oft wie möglich (wieder) zu verwenden. Die schon ausgewiesenen Abgrabungsbereiche reichen noch aus, um den Kies- und Sandabbau im bisherigen Umfang für rund 20 Jahre fortzusetzen – Zeit genug um jetzt umzusteuern. Es wird aber auch weiterhin neue Genehmigungen geben – allerdings in deutlich geringerem Umfang.

Substitution & Recycling

In den Nachhaltigkeitsstrategien von Bund und Land, aber insbesondere auch auf EU- und internationaler Ebene sind längst für alle Rohstoffe Reduktionspfade und Ressourcenschutz verankert. Alle Akteurinnen und Akteure wissen, wie Kies und Sand ersetzt und wiederverwendet werden können – dieses Potenzial wird aber bislang nicht ausgeschöpft, auch wenn dies gerne so dargestellt wird.

2020 wurden bundesweit rd. 220 Mio. Tonnen mineralischer Bauabfälle statistisch erfasst. Den größten Anteil daran hatten Boden und Steine mit 129,9 Mio. Tonnen (58,6 %) und Bauschutt mit 60 Mio. Tonnen (27,2 %).

Von den 129,9 Mio. Tonnen Boden und Steinen aus Bauabfällen wurden 2020 lediglich 13,7 Mio. Tonnen bzw. 10,6 % recycelt.

Die übrigen, nicht recycelten 116,2 Mio. Tonnen bieten ein erhebliches Potenzial, um Kies und Sand künftig durch recycelte Baustoffe zu ersetzen.

Mit modernen Recyclingmethoden kann zudem ein deutlich höherer Anteil des anfallenden Bauschuttes recycelt werden.

Mit 97 Mio. Tonnen wird ein Großteil der Bauabfälle an Boden und Steinen für die „Verwertung bergbaufremden Bodenmaterials in übertägigen Abgrabungen“ verwendet – also zum Beispiel für die Verfüllung von Kiesgruben.

Das Verfüllmaterial könnte stattdessen in recycelter Form in der Bauindustrie genutzt werden, es müssten viel weniger neue Kiesgruben entstehen (und später wieder verfüllt werden).

Aber: Kiesunternehmen profitieren von einer niedrigen Recyclingquote, da sie sich für die Verfüllung von Material bezahlen lassen und somit de facto doppelt an den Abgrabungen verdienen. Sie haben also aus wirtschaftlicher Sicht unter den derzeitigen Rahmenbedingungen kein Interesse daran, einen umweltschonenden und nachhaltigen Degressionspfad einzuschlagen.

Derzeit werden die Rohstoffe Kies und Sand noch in großem Umfang in Bereichen eingesetzt, in denen sie ersetzbar wären. So könnte im Straßenbau vorrangig recycelter Bauschutt statt Kies und Sand zum Einsatz kommen – bei gleicher Qualität.

Recycling von Baustoffen bedeutet bisher vor allem Trocken-Recycling. Dieses hinterlässt noch immer erhebliche Restmengen, die nicht verwendet werden können.

Mit dem modernen, verbesserten Nass-Recycling kann nicht nur ein höherer Anteil der Bauabfälle recycelt werden, auch die Qualität der recycelten Endprodukte wird verbessert.

Substitution & Recycling in Nordrhein-Westfalen

Ein Blick auf die Statistiken in Nordrhein-Westfalen bestätigt den bundesweiten Trend der Ressourcenverschwendung. Diese Grafik aus dem Fachbericht Nr. 148 des LANUV NRW verdeutlicht, dass beträchtliche Mengen an Rohstoffen ungenutzt bleiben.

Es ist zu erkennen, dass große Teile des Aufkommens nicht wiederverwendet werden. Insbesondere der Anteil der Stoffe, die in Deponien oder der Verfüllung landen, ist enorm.

Die Recyclingquote liegt laut LANUV bei etwa 45%, wenn die Stoffströme dem Recycling zugeordnet werden, die als Straßen-Wegebaumaterialien verwendet, in Asphaltmischwerke zurückgeführt oder als rezyklierte Gesteinskörnung für die Betonherstellung genutzt wurden.

Die tatsächliche Recyclingquote dürfte damit noch geringer sein, weil bei diesen Verwendungen nicht das ganze Material verwendet wird, sondern weitere Abfallmengen anfallen.

Die Rohstoffabgabe spielt eine entscheidende Rolle dabei, diese Potenziale zu nutzen und eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft zu etablieren.

Auch in Nordrhein-Westfalen liegt das größte Potenzial für Recycling beim Bodenmaterial. Im Jahr 2021 belief sich das Aufkommen an Bodenmaterial in NRW auf rund 26 Millionen Tonnen. Von dieser Menge wurden 5,1 Millionen Tonnen auf Deponien entsorgt, während der Großteil, nämlich laut LANUV-Schätzung 13 bis 17 Millionen Tonnen, für Verfüllungen und oberirdische Ablagerungen verwendet wurde, wie beispielsweise zur Verfüllung von Kiesgruben.

Diese Zahlen verdeutlichen, sowohl im regionalen Kontext als auch im Vergleich zu bundesweiten Daten, den dringenden Handlungsbedarf zur Steigerung der Recyclingquote und zur Ausschöpfung ungenutzter Potenziale.

Auswirkungen auf die Umwelt

Der oberirdische Abbau von Kies und Sand zerstört die gewachsene Kulturlandschaft und die natürlichen Lebensräume unwiederbringlich. Durch die nachfolgende Rekultivierung entstehende Lebensräume können dies nur unzureichend ersetzen (Quelle, Quelle).

Zu natürlichen Gewässern gehören viele Flachwasserzonen, welche Lebensraum für die meisten Pflanzen und Tiere sind. Mit Wasser befüllte Kiesgruben haben steile Ufer und sind häufig über 20 Meter tief, so dass sich kaum natürliche Gewässerökosysteme entwickeln können. Das Licht reicht schlichtweg nicht bis zum Boden der künstlichen Seen, dort wachsen kaum bis keine Pflanzen, sodass auch kein weiteres Leben entsteht.

Durch die Freilegung des Grundwassers wird der Landschaftswasserhaushalt massiv gestört: Mehr Grundwasser verdunstet. Schadstoffe erreichen das verbleibende Grundwasser unmittelbar, da die schützende Deckschicht fehlt (Quelle, Quelle).

Abbau von Wettbewerbsverzerrungen

Die Niederlande gehen mit den endlichen Rohstoffen Sand und Kies sparsamer um, insbesondere wird der Abbau wesentlich restriktiver gehandhabt und der Preis ist erheblich höher als in NRW. Wir wollen, dass NRW diese Bemühungen zur Rohstoffeinsparung nicht unterläuft. Durch Angleichung des Preis-Niveaus wird der Anreiz zur Verwendung von recyceltem Baumaterial in den Niederlanden gestärkt, da Kies und Sand nicht mehr zu den Niedrigpreisen zu Verfügung stehen.

2021 wurden rund 8,5 Millionen Tonnen Kies und Sand aus Deutschland in die Niederlande exportiert und rund 400.000 Tonnen importiert.

Die Netto-Exportmenge rechnet die Exporte minus die Importe. Diese lag 2021 bei über 8,1 Millionen Tonnen (Quelle, Quelle). Die Zahlen zeigen also deutlich: Hier günstig abgebauter Kies und Sand ist ein Exportschlager – die wahren Kosten werden aber bislang nicht bezahlt. Kies und Sand aus NRW sind im Vergleich günstig, aber für die Natur und die Landwirtschaft ist der Abbau teuer.

2021 wurden rund 8,5 Millionen Tonnen Kies und Sand aus Deutschland in die Niederlande exportiert und rund 400.000 Tonnen importiert.

Die Netto-Exportmenge rechnet die Exporte minus die Importe. Diese lag 2021 bei über 8,1 Millionen Tonnen (Quelle, Quelle).

Der Durchschnittspreis von Kies, Sand und Ton betrug 2021 in den Niederlanden 16,82 € (Quelle). Da aktuelleren Zahlen aus den Niederlanden momentan nicht vorliegen, wird ein Vergleich zu NRW im selben Zeitraum herangezogen. In NRW betrug der Durchschnittspreis im Jahr 2021 9,71€ pro Tonne und war damit beinahe nur halb so hoch wie in NRW (Quelle). Seitdem ist der Durchschnittspreis in NRW gestiegen.

Bisherige Erfahrungen mit Rohstoffsteuern im Ausland

Dass die Rohstoffabgabe wirkt, zeigt auch der Blick ins Ausland. In Großbritannien wird seit 2022 die sogenannte „Aggregates Levy“ erhoben. Sie ist eine Steuer auf den Abbau von Steinen, Sand und Kies und somit vergleichbar mit der in Nordrhein-Westfalen geplanten Rohstoffabgabe.

Die Aggregates Levy hat in Großbritannien zu einem erheblichen Anstieg des Anteils von Recyclingmaterial in der Bauwirtschaft geführt. Darüber hinaus werden auch 40% weniger Primärrohstoffe pro Quadratmeter im Bauwesen genutzt.

Dies zeigt das enorme Potenzial einer Rohstoffabgabe in der Bauwirtschaft. Natürlich haben auch weitere Faktoren auf diese Entwicklung eingewirkt, weshalb wir neben der Rohstoffabgabe an weiteren Maßnahmen arbeiten, die zu einer Kreislaufwirtschaft im Bau führen.

Die Wirtschaft stärken – mit zirkulären Geschäftsmodellen

Die Rohstoffabgabe stellt einen Mix aus fordern und fördern dar. Sie fordert die Industrie zu einem geringeren Verbrauch von Primärrohstoffen auf, indem sie diese verteuert. Gleichzeitig werden die Einnahmen unter anderem zur Förderungen von Innovation und Forschung im Rohstoff- und Bausektor verwendet. Damit hat Nordrhein-Westfalen die Chance, sich zu einem Vorreiter in neuen Technologien und Wirtschaftsfeldern zu entwickeln.

Die Regulierung in ihrer Heimat Nordrhein-Westfalen bereitet Unternehmen frühzeitig auf einen größeren, überregionalen Wettbewerb vor. In den nächsten Jahrzehnten wird sich die Rohstoff- und Baubranche in ganz Europa verändern, um Nachhaltigkeitskriterien erfüllen zu können. Indem wir in Nordrhein-Westfalen rechtzeitig entschlossen handeln, können sich Unternehmen auf diese Veränderungen einstellen und die zirkulären Geschäftsmodelle der Zukunft entwickeln. So können Sie sich zu Vorreitern entwickeln und ihre Geschäftsfelder ausweiten.