Rede auf der Bauerndemo in Kleve

Auf Einladung der Kreisbauernschaften Kleve und Geldern habe ich zur Diskussion um die durch die Bundesregierung beabsichtigten Kürzungen beim Agrardiesel bei der Demonstration am 12. Januar 2024 Stellung genommen.

(Video der Rede und Fotos der Demonstration am Ende des Beitrags)

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Landwirtinnen und Landwirte!

Die Beschlüsse der Bundesregierung zum sogenannten Agrardiesel für landwirtschaftliche Fahrzeuge sind Anlass Ihrer Demonstrationen. Aber sie sind auch Ausdruck einer weit tiefergehenden Unzufriedenheit mit der Agrarpolitik und ich begrüße, dass wir heute – und hoffentlich auch bei weiteren Gelegenheiten – über eine zukunftsfähige Landwirtschaft in einem lebenswerten ländlichen Raum diskutieren.

Der heutige Schlamassel in der Agrarpolitik ist das Ergebnis der letzten 30 Jahre und ALLE haben daran mitgewirkt:

  • Die Verbraucher (wir alle), die im Zweifel lieber billig kaufen und damit faire Preise erschweren,
  • Der Lebensmittelhandel, der seine Marktmacht missbraucht,
  • Die Politik, die sehr unterschiedliche und oft auch bürokratische Regelungen getroffen hat, die langfristiges Arbeiten der Betriebe erschweren,
  • Aber auch Landwirtschaftsverbände haben daran Anteil.

Und ich bin der festen Überzeugung: wir können die Probleme auch nur gemeinsam lösen und brauchen dazu zum Beispiel auch ein Bündnis zwischen Stadt und Land.
Ich möchte, dass Landwirtschaft hier am Niederrhein und in unserem Land Zukunft hat. Dafür müssen junge Leute mit Begeisterung den Beruf des Landwirts ergreifen wollen.
Und wir brauchen eine Agrarpolitik, die gerade die normalen Familienbetriebe im Blick hat. Natürlich geht es auch um eine bessere Unterstützung zum Beispiel beim Stallumbau für mehr Tierwohl.

Ich möchte meine Punkte der Wichtigkeit nach ansprechen:

Für eine zukunftsfähige Landwirtschaft sind zu aller erst faire Preise notwendig, damit die Betriebe mit ihren hochwertigen Produkten ihr Einkommen erwirtschaften können. Seit Jahrzehnten werden die Landwirte von den großen Handelsketten und Discountern durch unfaire Praktiken ausgeplündert, und am Ende durch deren Preisdumping in Schwierigkeiten gebracht.
Julia Klöckner von der CDU-Bundestagsfraktion hat Mitte Dezember gefordert, das Mercosur-Freihandelsabkommen schnell abzuschließen. Ein Abkommen, das den Import von landwirtschaftlichen Produkten erleichtern würde, die unter geringeren Umwelt- und Sozialstandards produziert wurden und ein Abkommen, das den ruinösen Wettbewerb für die hiesige Landwirtschaft noch verschärfen würde. Das lehne ich deshalb ab.

Von 2005 bis 2021 haben von 400.000 Höfen 140.000 für immer dicht gemacht. Wenn die CDU in Berlin heute die Ampel kritisiert, muss sie sich fragen lassen, was sie in diesen 16 Jahren eigentlich gemacht hat.

Und eines wissen wir doch alle: Für die Zukunft der Landwirtschaft gerade hier in Nordrhein-Westfalen ist doch nicht der Agrardiesel entscheidend –entscheidend ist, dass es endlich faire Preise gibt.
Im Bereich Tierwohl hat die Borchert-Kommission aufgezeigt, wie das gehen könnte. Auch die Zukunftskommission Landwirtschaft führt in die richtige Richtung.

Konkret zu den Beschlüssen der Bundesregierung: Der ursprüngliche Plan sah eine hohe und plötzliche Mittelkürzung von ca. 1 Mrd. € durch die Abschaffung der Agrardieselbeihilfe und der Kfz-Steuerbefreiung vor. Das halte ich für falsch. Sie wäre unverhältnismäßig hoch, nicht sozial abgefedert, träfe die kleinen Betriebe und die Biobetriebe besonders stark und brächte kaum Gewinn für den Klimaschutz.
Landwirte können aufgrund mangelnder Alternativen derzeit noch nicht auf klimaneutrale Antriebe umsteigen. Wir brauchen zuerst die Technik und dann die entsprechenden Förderprogramme für den Umstieg und gleichzeitig die Rücknahme von Subventionen. Des Weiteren halte ich beim Agrardiesel die Wiedereinführung der Obergrenze von 10.000 Litern für sinnvoll. Sie verschont kleinere Betriebe.

Auch die Mitglieder der Bundesregierung haben Ihren Anliegen zugehört, allen voran Cem Özdemir. Er hat frühzeitig gesagt, dass die Pläne so nicht gehen und dass die Einsparungen bei der Landwirtschaft so nicht kommen. Und er hat sich durchgesetzt.

Jetzt ist es so:

  • die Ausnahmen bei der KfZ-Steuer bleiben!
  • die grünen Nummernschilder bleiben!
  • die Abschaffung der Agrardiesel-Steuererstattung kommt nicht sofort, sondern mit einer zweijährigen Übergangszeit. Das heißt, es muss jetzt an anderer Stelle gespart werden (zum Beispiel bei der Fischerei).

Aber: Jede Branche wird angesichts der notwendigen Einsparungen im Haushalt ihren Beitrag leisten müssen – ganz ohne Kürzungen geht es nicht.

Landwirtschaft am Niederrhein muss eine Zukunft haben! Auch wenn wir unterschiedliche Meinungen über den richtigen Weg haben – hatten wir auch einen guten, ehrlichen und respektvollen Austausch miteinander. Deshalb möchte ich den guten Austausch des letzten Jahres auch in Zukunft beibehalten.

Vielen Dank!

Fotos und Video: Simon van de Loo